Serie: Auskunftsansprüche im Erbrecht
Teil 1: Ansprüche gegen Dritte
Oftmals kommt es nach dem Anfall der Erbschaft zwischen den Hinterbliebenen zu Problemen bei der Auseinandersetzung des Nachlasses. Der Anspruchsgegner verweigert jegliche Auskunft über das Vermögen des Erblassers, macht falsche Angaben oder bestreitet das Erbrecht des eigentlichen Erben komplett. Doch gerade für den Erben des Verstorbenen ist es von großer Bedeutung, dass er einen umfassenden Überblick über die Hinterlassenschaften des Erblassers erhält. Denn nur so kann er schließlich seine Ansprüche geltend machen. Für den Fall, dass der Anspruchsgegner die Auskunft also verweigert, stehen den Hinterbliebenen gesetzliche Auskunftsansprüche zu. In den folgenden vier Artikeln soll es folglich um die Auskunftsansprüche des Erben gegen Dritte, um Ansprüche der Miterben, des Nacherben und des pflichtteilsberechtigten Erben gehen. Zunächst werden nachfolgend im ersten Teil die Auskunftsansprüche des Erben gegen Dritte, insbesondere gegen den Erbschaftsbesitzer, behandelt.
Gerade als (Allein-)Erbe ist man auf die Auskunft des Anspruchsgegners angewiesen. Dieser wird in den meisten Fällen der Erbschaftsbesitzer sein. Also derjenige, der Erbschaftsgegenstände aufgrund eines ihm nicht zustehenden Erbrechts besitzt. Da sich dieser im Regelfall selbst für nachfolgeberechtigt hält, wird er jegliche Auskunft über den Umfang der Erbschaft verweigern. Genau das führt bei einer Klage über die Herausgabe des Nachlasses jedoch dadurch zu Problemen, dass der Erbe, also der Kläger, eine detaillierte Aufstellung über die herauszugebenden Gegenstände vorlegen muss. Genau deswegen trifft den Erbschaftsbesitzer allerdings gemäß § 2027 I BGB die gesetzliche Pflicht, dem Erben über den Bestand der Erbschaft, sowie über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände, Auskunft zu erteilen. Er hat also ein Verzeichnis zu erstellen, welches den gesamten Stand der Erbschaft offenlegt. Beinhalt das Erbe zudem Gegenstände, die nicht mehr vorhanden sind, so hat der Erbschaftsbesitzer außerdem Auskunft über den Verbleib dieser Gegenstände zu erteilen. Sollte der Erbschaftsbesitzer diesen Pflichten also nun nicht nachkommen, können sie gerichtlich geltend gemacht werden. Sofern dann weiterhin Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Auskunft des Erbschaftsbesitzers bestehen, so kann er, wenn der Verdacht besteht das Verzeichnis sei unrichtig, auch zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gezwungen werden.
Möglicherweise steht der Nachlass jedoch nicht im Besitz eines Erbschaftsbesitzers, sondern ein sonstiger Besitzer verfügt nach dem Tod des Erblassers über dessen Vermögen. Dabei könnte es sich also beispielsweise um einen Nachbarn oder einen guten Freund des Verstorbenen handeln, oder auch um Angestellte, die im Haus des Erblasser gewohnt haben, welche nach dessen Tod das Haus oder die Wohnung leergeräumt haben und die Gegenstände nun bei sich lagern. Auch in diesem Fall hat der Erbe Auskunftsansprüche gegen den Besitzer der Nachlassgegenstände. Dabei ist allerdings zwischen den Pflichten eines bloßen sonstigen Besitzers und eines Hausgenossen zu unterscheiden. Ein bloßer sonstiger Besitzer, also beispielsweise der Nachbar, ist nach § 2027 II BGB verpflichtet, über den gesamten Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Denn diesen treffen die gleichen Verpflichtungen wie auch den Erbschaftsbesitzer. Ein Hausgenosse, also beispielsweise eine Haushälterin, trifft lediglich eine, in § 2028 BGB normierte, einfache Berichtspflicht. Sie ist also nicht dazu verpflichtet, Nachforschungen anzustellen, sondern muss nur preisgeben, was ihr auch tatsächlich bekannt ist.
In Fällen, in welchen der Erblasser zunächst einen Vorerben, also zum Beispiel zunächst seinen Sohn, und dann einen Nacherben, beispielsweise den Enkel, bestimmt hat, und der Vorerbe jedoch die Erbschaft nachträglich ausschlägt oder anficht, stehen dem Nacherben Auskunfts- und Rechenschaftsansprüche gegenüber dem Vorerben zu. Da der Vorerbe den Nachlass zwischenzeitlich verwaltet, ist er dazu verpflichtet, den Nacherben über jegliche Geschäfte zu informieren, die den Nachlass betreffen. Dazu muss er eine Aufstellung über die getätigten Geschäfte vorlegen. Auch in Fällen einer Scheinerbschaft, also sofern zunächst ein vermeintlicher Erbe den Nachlass erhält und sich später herausstellt, dass dieser gar nicht der rechtmäßige Erbe ist, sondern ein anderer Hinterbliebener den Nachlass erbt, ist der Scheinerbe zur Auskunft und Rechenschaft über den Stand des Nachlasses verpflichtet.
Sollte der Erblasser testamentarisch einen Testamentsvollstrecker bestimmt haben, so haben die Erben gegen diesen nach Eintritt des Erbfalls unverzüglich einen Anspruch auf Erstellung eines Nachlassverzeichnisses. Er hat also die Pflicht, ein Verzeichnis über alle Nachlassgegenstände und Nachlassverbindlichkeiten zu erstellen. Zum anderen ist der Testamentsvollstrecker im weiteren Verlauf zur Rechenschaft gegenüber den Erben verpflichtet. Kommt der Testamentsvollstrecker diesen Pflichten nicht nach, so kann beim Nachlassgericht dessen Entlassung beantragt werden.
Auskunftsansprüche können zudem in Form eines allgemeinen Auskunftsanspruches geltend gemacht werden, sofern keiner der gesetzlich geregelten Fälle bereits einen Auskunftsanspruch zuweist. Dafür müsste der Auskunftsersuchte jedoch die einzige Informationsquelle für den möglichen Erbschafsberechtigten sein. Zudem müsste die Auskunft dem Auskunftsersuchten auch zumutbar sein. Das heißt, die Auskunft muss ohne erheblichen Arbeitsaufwand möglich sein. Der allgemeine Auskunftsanspruch wird beispielsweise bei Nacherben bejaht, welche Auskunft über mögliche Schenkungen des Vorerben ersuchen. Denn gegen den Beschenkten hätten die Nacherben keinen erbrechtlich gesetzlichen Auskunftsanspruch.
Auskunftsansprüche für Erben die Serie
Sie möchten mehr über die Auskunfsansprüche im Erbrecht wissen? Dann lesen Sie unsere weiteren Teile:
- Teil 1: Ansprüche gegen Dritte
- Teil 2: Ansprüche der Miterben
- Teil 3: Auskunftsansprüche des Nacherben
- Teil 4: Auskunftsansprüche des Pflichtteilsberechtigten
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